Brief von August von Kotzebue an Ludwig van Beethoven in Wien, Reval, 20. April 1812

von | 10/04/2021

Originalhandschrift: Beethoven-Haus Bonn, Signatur: BH 186
Digitalisat der Handschrift und Anmerkung zum Brief im Digitalen Archiv

August von Kotzebue an Beethoven

Reval, d. 20 A[pril 181]2

Schon am 6t März hatte ich die Ehre einen Ihrer gütigen Briefe zu beantworten, den ich durch den Buchhändler Summer[?] aus Leipzig erhielt. Nun habe ich den zweyten durch Hr. v. Odelga empfangen; von einem dritten ist mir nichts bewußt. Ich wiederhohle daß ich mit grossem Vergnügen eine große Oper für Sie dichten werde, so bald ich so glücklich bin einen guten Plan zu finden. Das geschieht bisweilen ganz von ungefähr, bisweilen muß man aber auch lange vergebens darnach hoffen. Wenn Ihnen mit komischen Opern gedient wäre, so könnte ich Ihnen bald helfen. Ich war willens einen Opern-Almanach heraus zu geben, bin aber [mit] dem Verleger noch nicht einig geworden. Indessen habe ich folgende Arbeiten in Manuscript liegen [1,] Die Prinzessin von Cacambo, komische Oper in 3 Acten. 2, Die Alpenhütte, ein Drama mit Gesängen in 1 Act. 3, Pervonte oder die Wünsche, komische Oper in 3 Acten. 4, Hans Max Giesbrecht von der Humpenburg oder die neue Ritterzeit, komische Oper in 1 Act. 5, Der Käficht, komische Oper in 1 Act. Alle, Pervonte etwa ausgenommen, würden der Direction sehr [wen]ig an Decorationen u. Kleidungen kosten. Wenn der Herr Fürst Lobkowitz mir für diese 5 Opern 2[0]0 Ducaten zugestände, so würde ich sie vor der Hand gar nicht drucken lassen, sondern ihm überliefern. Ich höre daß er Preise auf die besten Opern ausgesezt hat, kann aber nicht erfahren, wann der Termin der Einsendung ist? und an wen man sie schicken soll? Da der Fürst gesonnen ist, 100 Ducaten für eine einzige gute komische Oper zu geben, so sollte ich meynen, es würden ihm 200 für 5 Opern nicht zu viel seyn. Daß in keiner derselben etwas gegen die Censur enthalten ist, dafür stehe ich. Wenn Sie sich im Komischen versuchen wollten, so würden Sie besonders in Pervonte und in der Prinzessin von Cacambo ein weites Feld für Ihr Genie finden. Auf diesen Vorschlag erbitte ich mir baldige Antwort und werde unterdessen auf den Plan zu einer ernsthaften Oper denken. – Ich glaube nicht, daß die Ruinen von Athen und Ungarns erster Wohlthäter auch ausser Ungarn Glück machen werden, es wäre denn durch Ihre meisterliche Music. Änderungen lassen sich auch nicht [anbringen] der ganze Zuschnitt ist etwas local. Ich muß bey dieser Gelegenheit mich bitterlich beklagen, daß ich, ausser durch Ihren Brief, nicht ein einziges Wort von dem Schicksal dieser Stücke erfahren habe. Ein gewisser herr Bonaventura von Szent Ivani, der sich einen Repräsentanten der hohen Landes Stelle in Theater Sachen nannte, schrieb zweymal an mich aus Pesth, und, nachdem ich ihm nun vor fast 3/4 Jahren schon die begehrten Stücke gesandt, läßt er nichts weiter von sich hören, schickt kein Honorar und beantwortet keinen meiner Briefe. Haben Sie doch die Güte mir zu schreiben, ob und wann das neue Theater in Pesth eröffnet ist? ob meine Stücke gefallen haben? und woran es doch wohl liegen mag, daß man mich so ungeziemend behandelt?

Nochmals um baldige Antwort hieher nach Reval ersuchend, verharre ich Ihr aufrichtiger Verehrer

Kotzebue

N.S. Am besten wäre es, wenn Dichter und Componist wenigstens ein Jahr zusammen lebten, und wer weiß was einmal, nach wieder hergestelltem Frieden, geschieht, wenn die jetzige Direction mir annehmliche Vorschläge macht.

Herrn v Beethoven Wien

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